3 Fragen an Abdullah Kenan Karaca - Regisseur von "Morgen ist auch noch ein Tag"

Bei der Stoffsuche für diese Produktion hatten wir eigentlich bereits ein Stück ausgewählt. Dann formuliertest Du den Wunsch nach einem Text, der leichter und heiterer daherkommt. Erinnerst du Dich an die Sehnsucht, die sich dahinter verbarg?

Ich erinnere mich noch ganz gut an die Phase der Stückfindung. Die Proben zu den Passionsspielen in Oberammergau, meinem Heimatdorf, liefen schon mehrere Monate. Ich würde sagen, wegen der intensiven Auseinandersetzung mit der Leidensgeschichte Jesu und meiner ersten Inszenierung in Konstanz von „Muttersprache Mameloschn“, einem sehr dichten Text zur deutschen Identität und dem Schweigen der Generationen, war die Sehnsucht in mir groß, sich inhaltlich mit anderen Fragen, die im besten Fall in einer Komödie verpackt sind, zu beschäftigen.

Was sind die Stärken des Textes? Warum hast du Lust, dieses Stück zu inszenieren?

Der Text ist unterhaltsam. Die Dialoge sind schnell und humorvoll. Nachvollziehbare Figuren, mit denen ich mich identifizieren kann, bekommen absurde Gegenspieler*innen, die sich in komischen Situationen verfangen. Themen wie Alter, Verlust und der Wunsch nach einem erfüllten Leben werden in ihrer Dringlichkeit verhandelt und doch darf darüber geschmunzelt und gelacht werden. Ich mag schnelle Szenenwechsel und Situationen, die miteinander verwoben sind: präzise gesetzte, kurze Telefonate zwischen Mutter und Sohn, Szenen des Alltags von Karl und Katja, Begegnungen mit Lore und Fidelius, nach denen Karl mehr Fragen als Antworten hat. Das passt gut zu meiner Art, Geschichten zu erzählen.

Karl steht an einem einschneidenden Wendepunkt in seinem Leben. Er wechselt vom Berufsleben in den Ruhestand. Wie begegnet er diesem Wechsel?

Karl sagt gleich zu Beginn des Stücks, er freut sich darauf, er hat aber auch ein bisschen Angst davor. Das Ungewisse ist für uns Menschen nicht greifbar und deshalb beängstigend. Doch bringt dieser neue Lebensabschnitt auch eine große Freiheit mit sich. Zeit wird plötzlich ganz anders definiert. Man hat Zeit fürs Nichtstun. Für all die anderen Sachen, die ständig aufgeschoben wurden. Für all das, was jahrelang warten musste. Karl begreift, dass das Leben im Hier und Jetzt stattfindet. Karl und seine Frau Katja stehen an einem Wendepunkt, bei Katja setzt er allerdings etwas später ein. Durch die veränderten Vorzeichen kommt die Beziehung der beiden aus dem Lot. Sie durchlaufen eine Krise. Schließlich entscheidet sich Katja, Karl in einer sehr sensiblen Phase des Lebens alleine zu lassen. Diese Entscheidung ist richtungsweisend für beide.


Zum Stück "Morgen ist auch noch ein Tag" geht es hier:
Morgen ist auch noch ein Tag | Theater Konstanz | Theater Konstanz


Menschen ganz nah - hier finden Sie Ensemblemitglieder Katrin Huke und Thomas Fritz Jung im Portrait:
Menschen – ganz nah: Katrin Huke und Thomas Fritz Jung

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