11/12/21

SPIEGELHALLE

ABO

Muttersprache Mameloschn

von Sasha Marianna Salzmann

Dauer 1:45 Stunden ohne Pause
Regie Abdullah Kenan Karaca Bühne Vincent Mesnaritsch  Kostüm Elke Gattinger
Dramaturgie Meike Sasse
Mit Sabine Martin, Katrin Huke, Pauline Werner

„Willst du reden? – Worüber? – Weiß nicht. – Gut. Nein.“
Drei Frauen, drei Generationen, drei Lebensentwürfe – und eine Menge Unausgesprochenes.
Die Großmutter Lin, Holocaust-Überlebende, hat in der DDR als Sängerin und Vorzeigejüdin Karriere gemacht. Ihre Tochter Clara, die von Identitätskrise und dem Verschwinden ihres Sohnes Davie gezeichnet ist, will mit Kommunismus und Judentum nichts mehr zu tun haben. Rahel, Claras Tochter und Zwillingsschwester von Davie, ist ganz Kind der Post-Holocaust-Generation. Sie sehnt sich nach der Freiheit New Yorks, um ihre sexuelle Identität ausleben und erkunden zu können. Sie sucht nach Wurzeln, für die vielleicht die Großmutter stehen könnte: Was bedeutet es heute Jüdin zu sein? In Deutschland? Die Fragen nach Schuld, Verantwortung, Akzeptanz und Verlust sind eng miteinander verwoben.
 
Schonungslos wird der Blick frei für die Probleme einer Familie, die vom Alltäglichen bis ins Grundsätzliche reichen. Die Autorin Sasha Marianna Salzmann erzählt in einer leichten, unsentimentalen Patchwork-Technik mit Zorn, Herz und Witz.

Der Stücktext ist erschienen in einem Band der Theaterbibliothek im VERLAG DER AUTOREN.

Aufführungen / Termine

Pressestimmen

Und die Zukunft? Ungewiss. Und verschachtelt, wie das intelligente Bühnenbild von Vincent Mesnaritsch als wild übereinander gestapelte Landschaft aus Kartonagen. Die auf jedem Quadratzentimeter nach Aufbruch schreit. Und dabei klotzig genug ist, um den drei Frauenfiguren die Perspektive zu verstellen, während sie sich selbst und ihren Gefühlen im Weg stehen.
…Dafür stellen die Schauspielerinnen mit phasenweise ungemein starker Präsenz immer wieder den Kontakt zur Gefühlslage ihrer Figuren her. Um damit nicht nur sich selbst besser greifbar zu machen, sondern auch dem Publikum über Emotion Zugang zu verschaffen. Am besten gelingt das Katrin Huke als Clara, die genau zwischen den Stühlen von Großmutter und Enkelin sitzt. Ihre Zerrissenheit wirkt im Spektrum von Sarkasmus, Trauer, Angst, Resignation und verzweifelter Liebe zum Kind und der Wut auf die eigene Mutter nie aufgesetzt. Sabine Martin als Lin hat immer dann starke Momente, wenn Niedergeschlagenheit und Angst sie fortreißen. …Pauline Werner in der Rolle der Enkelin Rahel hält die Balance zwischen freudiger Erwartung im Aufbruch und einer großen, fragenden Naivität. Sie ist damit vielleicht die echteste der drei Figuren, die einem tragischen Finale zusteuern…

Erich Nyffenegger, Nachtkritik, 12.12.2021

Aber über allen Disputen liegt das Schweigen, Lin spricht nicht über ihre Holocausterfahrungen und was sie dazu gebracht hat, Kommunistin zu werden. Von Claras Geschichte ist nichts als die Auflehnung gegen ihre Mutter zu erfahren. Allein bei Rahel werden in ihren Handlungen die Motivationen deutlich: diesem Schweigen, das auch der deutschen Geschichte geschuldet ist, zu entrinnen.
…Aber bedeutet dieses Schweigen, das jederzeit explodieren kann, nur in einem Zwischenzustand zu leben – in einem Provisorium von lauter Umzugskartons, um schnell die Flucht ergreifen zu können? Das Bühnenbild von Vincent Mesnaritsch für die Inszenierung am Theater Konstanz legt das jedenfalls nahe…
…Aber hier ist nichts vergangen. Was hier verhandelt wird, ist pure Gegenwart. Und die ist ätzend! In seiner Inszenierung rückt Abdullah Kenan Karaca … das „Zwischen“ ins Zentrum.

Manfred Jahnke, Die deutsche Bühne Online, 12.12.2021
 
In der Regie von Abdullah Kenan Karaca wird „Muttersprache Mameloschn“ in Konstanz ein intensiver, ernster Abend.
…Stark das Bühnenbild von Vincent Mesnaritsch… das Leben ein Provisorium, diese Kisten wurden ein Leben lang nicht ausgepackt, vielleicht mehrere Leben lang. Ein bedrückend starkes Bild.

Julia Nehmiz, St.Galler Tagblatt, 13.12.21

…dass Salzmann einen zu großen Bogen schlägt … das ist Stoff für gleich mehrere Stücke. Und dennoch fällt die Konstanzer Inszenierung nicht auseinander, die zwischen Lachen und Weinen changiert… Was an der unaufdringlichen Regie von Karaca liegen mag, die dem Abend Struktur gibt. Und an den Frauen auf der Bühne, die mit ihrem authentischen Spiel dem Publikum ans Herz gehen…
Siegmund Kopitzki, Südkurier, 14.12.2021

So kompliziert sich die Aufgabe für Regisseur Abdullah Kenan Karaca auch anhören mag, in der Konsequenzen seiner Inszenierung gelingt es erstaunlich gut, die verschiedenen Erzähl- und Zeitperspektiven des Textes mit Leben zu füllen.
Erich Nyffenegger, Schwäbische Zeitung, 14.12.2021

Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen
Theater Konstanz
Foto: Bjørn Jansen