24/09/2022

WERKSTATT | URAUFFÜHRUNG

KARL!

Eine Stückentwicklung von Susanne Frieling, Hannah Stollmayer & Miguel Jachmann

„Nicht Fleisch und Blut, das Herz macht uns zu Vätern, Söhnen und Brüdern.“

Regie Susanne Frieling
Videokonzept & Videoregie Florian Schaumberger
Kamera Simon Carl Köber
Dramaturgie Hannah Stollmayer
Von und mit Miguel Jachmann sowie Andy Böni (im Video/Theater HORA)

Dauer 85 Minuten, keine Pause

Franz und Karl Moor gehören zu den bekanntesten Brüdern auf der Theaterbühne. Doch um die geht es hier nur am Rande. Denn „Die Räuber“ von Friedrich Schiller oder auch Astrid Lindgrens „Brüder Löwenherz“ sind nur Ausgangspunkt für eine recherchebasierte Auseinandersetzung mit Geschwisterkindern.
In Deutschland leben etwa 10,4 Millionen Menschen mit Behinderung; schätzungsweise haben zwei bis vier Millionen Kinder und Jugendliche mit Behinderung ein Geschwisterkind. Diese Geschwisterkinder leisten einen enormen Beitrag zur sozialen Teilhabe. Sie sind Gefährt*innen und Kompliz*innen in den Kinderjahren, gehen Eis essen, sind Dolmetscher*innen für die Außenwelt und kümmern sich als Erwachsene um finanzielle und rechtliche Belange. Sie selbst und ihre eigenen Bedürfnisse werden jedoch oft nicht wahrgenommen – nicht in der Öffentlichkeit, nicht in der Politik.
Ausgehend von Interviews, Community-Beiträgen und literarischem Material fragt „KARL!“ nach den familiären, gesellschaftlichen und strukturellen Verhältnissen zwischen Geschwistern mit und ohne Behinderung.
Die Inszenierung entsteht in Zusammenarbeit mit einem Schauspieler des Theater HORA aus Zürich. Das Theater HORA ist eine der bekanntesten freien Tanz-, Theater- und Performance-Gruppen der Schweiz, die gleichzeitig eine (Kultur-) Werkstatt für Menschen mit einer IV-zertifizierten „geistigen Behinderung“ ist.

 
Die Inszenierung wird unterstützt von der Heidehof Stiftung und den Theaterfreunden Konstanz e.V.

Termine und Tickets

Pressestimmen

„Karl!“ heißt nicht nur das Stück, das Regisseurin Susanne Frieling und Dramaturgin Hannah Stollmayer so schlicht – und gerade deshalb so bewegend – auf die Bühne gebracht haben, sondern auch der Bruder von Miguel. Dass Karl eine Behinderung hat, habe er erst im Kindergarten bemerkt, erzählt Miguel. Schauspieler Miguel Jachmann, der seiner Hauptrolle seinen eigenen Vornamen gegeben hat, spielt die Figur des mittlerweile erwachsenen Geschwisterkindes, das hadert, liebt, strauchelt und sich wieder fängt so unmittelbar, dass es ihm von der ersten Sekunde an gelingt, eine unglaubliche Nähe zum Publikum herzustellen.
… Aufgefangen werden die in jedem Zuschauer still auftauchenden, individuellen Antworten auf Miguels Fragen durch Videoprojektionen aus den Schweizer Bergen: Das Publikum sieht ihn, wie er mit Karl (gespielt von Andy Böni, der mit seiner herzlichen Art sowohl Lächeln als auch Tränen der Rührung auf die Gesichter zaubert) wandern geht. Das Bergidyll nimmt der Thematik sofort die Schwere.
… Authentisch, jedoch nicht belehrend, nachdenklich, traurig und glücklich machend – manchmal alles davon zugleich: Mit „Karl!“ ist dem Team des Konstanzer Theaters ein Stück gelungen, das nicht nur direkt ins Herz trifft, sondern auch zeigt, dass vermeintlich schwere Themen nicht schwer sein müssen und noch viel mehr Raum verdienen, als sie mitunter auf den Bühnen bekommen.

Silja Meyer-Zurwelle, Die deutsche Bühne Online, 25.9.22
 

Miguel Jachmann spielt Miguel, den Bruder eines Menschen mit Behinderung. Der heißt Karl und ist im Video zu sehen, das großflächig die Rückwand der Werkstatt-Bühne einnimmt. Andy Böni vom Zürcher Theater Hora verkörpert ihn so, wie Miguel ihn einführt – als einen der authentischsten Personen, die er kenne. Seine Person gibt letztlich den Sound vor: unverstellt, unmittelbar und mit großer Lust am Witz. Das kommt gut raus in Florian Schaumbergers Video, das Jodelszenen der beiden Brüder am Bergsee mit unterkühlten Stadtansichten und kleinen Spaßszenen mixt.
… Die Stückentwicklung von Frieling/Stollmayer beleuchtet spielerisch unterschiedlichste Aspekte, was es gesellschaftlich, familiär, persönlich bedeutet, Geschwister eines behinderten Menschen zu sein. Der Monolog jongliert mit Formen, Ebenen und überraschend gewitzten Brüchen und macht dem Publikum ein Gedankenangebot, ohne es überwältigen zu wollen und ohne Angst vor Emotionen zu haben.

Maria Schorpp, Südkurier, 27.9.22
 

Theater Konstanz
Foto: Ilja Mess
Theater Konstanz
Foto: Ilja Mess
Theater Konstanz
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